Unterschätzt

2. Etappe: Villach – Udine, ca 135 km, ca 900 Höhenmeter ( Ca siehe Garmin)

Man kann sich für überplant halten. Vielleicht unterschätzt man auch nur den Fahrradgott oder – für alle Ungläubigen – die Möglichkeiten der Realität, allen Plänen ein Schnippchen zu schlagen. Eigentlich war die erste Etappe als Warmfahren gedacht – gemütlich auf dem Alpe-Adria Radweg gen Süden gondeln mit deutlich mehr Tiefen- als Höhenmeter. Komoot stufte die Tour im Gegensatz zu allen kroatisch-montenegrischen gönnerhaft als „mittelschwer“ ein, so dass mich ob der touristischen Landpartie fast schon ein schlechtes Gewissen plagt, wie schon beim bequemen Durchqueren der burgundischen Pforte 2022 Nix Grand Ballon, nix Wurzenpass, nur den Saifnitzer Sattel gilt es zu überwinden. Kein Quäldich-Berg, sondern eine Versteckdich Engstelle oder auch „Talpass“ genannt – Das Phänomen war mir bis dato ebenso unbekannt wie seine Bezeichnung: „Januswort“, in dem zwei Worte gegensätzlicher Bedeutung eine Liason eingehen: KirchlerKommunismus SautterSaudade KraussÜberplan, ( gerne in den Kommentaren um weitere Beispiele ergänzen) – Der Tiefstapler Saifnitz-Sattel vollbringt, ohne darum großes Aufheben zu machen, auf kaum merklichen 816 Meter, die Wasserscheide zwischen Schwarzem Meer – Kanal und Adria – Fella. Was also soll schon groß passieren? Nun so gut wie alles, was nicht eingeplant war:

Der Garmin Navigator entpuppt sich als Reisebegleiter ungefähr so hilfreich und angenehm wie quengelnde Kinder auf der Rückbank – Kudos gehen raus an Nils: Was daran überraschend ist? Nur dass ich immer wieder davon überrascht bin.

Papa, wie lange ist es noch? – Das musst du doch wissen, du bist das Navi. – Ja aber ich hab kein GPS. – Da kann ich jetzt auch nix machen – ich auch nicht – Das heißt, du weißt nicht wos langgeht? Ok. Stopp, hol ich halt das Handy raus – an jeder zweiten Ecke.

Papa, ich hab Durst – Aber du hattest bis vor zwei Stunden Saft – 100 Prozent- Trotzdem. – Wie du bist auf Null? – Sag ich doch, ich brauch sofort was, zu, sonst steig nich aus. – Ja ist ja gut, wir regeln das: Anhalten, umstecken , neu laden.

So jetzt ist aber gut, oder? Dein Papa redet mit dir. Dein Papa drückt dich. Könntest du bitte antworten. Was soll das heißen? Du sagst nichts mehr. Spiel hier nicht die beleidigte Leberwurst. Los, sonst drück ich dich, bis du blau wirst. Also gut, lieber nicht den Notruf auslösen, lieber anhalten und unter der Autobahnbrücke ein Tutorial anschauen: „Was mache ich, wenn mein Garmin nicht mehr reagiert? 20 Sekunden auf zwei Knöpfe drücken, dann geht er erst aus, und fährt dann wieder hoch. Nur ich komm nicht vom Fleck.

Warum unter der Autobahnbrücke fragt sich vielleicht der Leser, falls er, trotz dieses Trash-Tec-Talks noch da ist? Nun, weil es leicht bis immer mäßiger regnet. Das war auch so angekündigt. Also eingeplant. Nicht eingeplant dagegen wie es sich anfühlt wenn es unter sämtliche Regenhäute geht – und dort die Moral des Schönwettersportlers zersetzt – von der Funktionsfähigkeit der Touchscreens ganz zu schweigen. Also Anhalten, Handschuh ausziehen, Kind bzw Garnin abwischen,

Selbst schuld: Auf dem Vélo macht man sich sein schlechtes Wetter selbst – noch der schwächste Niesel wird durchs Fahren zum Starkregen hysterisiert. So denke ich und versuche mit einer angepassten Fahrweise die Zahl der Tropfen, die ich einsammle zu minimieren. Ob es wohl eine Formel dazu gibt? Gibt es und die sagt- völliger Schmarrn: Je schneller, desto besser, denn umso eher ist man wieder im Trockenen. Aber da war ich noch nicht und deshalb erst am Abend schlauer. Eine vorübergehende Zwischentrockenheit würde jetzt schon reichen, weil – ungeplant – die Scheibenbremse plötzlich schleift. Also wieder Anhalten und in der Bushaltestelle an der Nationalstraße ein Tutorial suchen. Blöd nur, dass ich vor lauter Autolärm das Schleifen nicht mehr höre. Das aber deswegen nicht verschwunden ist, da bin ich mir ziemlich sicher. Steinchen oder ein Achter wie schon mal nach einer Fahrradzugfahrt? Ich beschließe nach 30 Minuten Fummelei einfach wegzuhören und einer mir noch unbekannten Werkstatt in Udine das Problem anzuvertrauen. Dazu müsste man allerdings endlich einmal eine längere Strecke am Stück fahren – es gibt da so eine Formel. .. Sind wir eigentlich richtig? Da das Kind immer noch schmollt: Wieder anhalten und das Handy aus dem wasserdichten Zipper holen. Ach wir sind gar nicht auf dem Alpe Adria Weg also quer und zurück,und dann endlich das Schild: Was soll das heißen Chiuso? Warum steht das in keinem Plan? Kann das vielleicht mal einer Komoot sagen? Ich? Hab jetzt keine Zeit. Was wird schon sein. Ein Schild nichts weiter dahinter ein wunderbarer Weg, also rauf. Bei strömendem Regen und schweigendem Garmin erweist sich die Touri – Option als gegebene Wahl – keine Abzweigungen nirgends – auf der Bahntrasse der alten Rudolfsbahn geht es Komoot hinauf zum Talpass. wo ein Tor mit LED-Anzeige die Radfahrer zählt bzw hochrechnet. Hat der investigativ Satiriker in einer aufwändigen Vor Ort Recherche herausgefunden: Einmal durch die Lichtschranke hin und einmal zurück- schon werden 4 weitere Radler angezeigt. Fälscht hier die grünen Elite Verkehrszahlen, um weitere Mittel für den Radverkehr zu ergaunern? Reichelt, übernehmen Sie, ich bin muss weiter an die Adria. Ein Cappucino würde mir aber vorläufig reichen. In der alten KUK Grenzstadt Pontrebbo betritt kurz darauf ein Wesen das rettende Ufer der Dorf-Bar, das offenbar bis vor kurzem noch im Wasser lebte. Bis auf ein ein Schulterklopfen, lässt man sich nichts anmerken und bedient den Zimmerspringbrunnen professionell. Ich hinterlasse ein ordentliches Trinkgeld und eine Pfütze auf der Sitzbank, als ich mich dann doch wieder aufs Rad schwinge. Man könnte von hier aus nämlich in 45 Minuten mit dem Landzug in Udine sein statt. …Ich verbitte mir jedoch die Vernunft und regrediere zurück ins Wasser. Schliesslich ist Urlaub und sind ja nur noch siebzig Kilometer durch starken Regen. Wie sich herausstellen sollte, sogar mit Überdachung Wie bitte? Ja, der Schwächeanfall hätte mich beinahe um die spektakulärste Passage meines Radlerlebens gebracht.Es folgen 20-30 alte Eisenbahntunnel mehr oder weniger beleuchtet dazwischen Brücken und Viadukte über die reißende Fluss immer bergab. (Das Garmin Kind entblödet sich übrigens nicht in jedem Tunnel – „Streckenabweichung Bitte wenden“ – zu plärren. Nur weil es gerade kein GPS empfängt. Was für ein Minset muss der Programmierer. Ich rufe doch auch nicht Passanten zu „Kehret um“ nur weil ich kein Netz hab! ) Doch kein Licht am Ende des Tunnels hält, was es verspricht: Trockenheit. Bis in Moggo Udinese, wo um 16:30 tatsächlich zum ersten Mal der Regen aufhört, aber gleichzeitig auch der Radweg. Da ist tatsächlich Alpe Adria chiuso, was nicht weiter schlimm wäre, wenn nicht- so deucht es mir, Kommot als einzige Alternative die Autobahn anzeigen würde. Jetzt wäre ein Einheimischer gut. Doch woher nehmen, wenn nicht klingeln, Wer geht bei dem Wetter auch auf die Straße. statt in die Dorfbar . Auf die ist hier einfach Verlass. Der Wirt ist sichtlich bemüht mich mit schnellen präzisen Auskünften wieder hinauszukomplimentieren um den Wasserschaden abzuwenden: Die Autobahn ( hier grün) ist eine Bundesstraße ( hier blau) Tja und ab da lief eigentlich alles nach Plan. Auch der Regen, der 20 Kilometer vor dem Ziel wieder einsetzte, war ja angekündigt. Um 18:30 schiebe ich in Udine mein Fahrrad in die Garage. „No one there in this weather besides a crazy german“ versuche ich mich in proaktiver Selbstbezichtigung- doch die junge Rezeptionistin hatte meinen Amphibischem Aufzug offenbar nicht nur professionell überspielt: Sie fand wirklich nichts daran: „My Mother does this every sunday, no matter what the weather. Ok hier kann man bleiben – solang bis alles trocken ist.

Sieht doch gar nicht so schlecht aus..
… ok, jetzt doch
Links-Grünes Betrugsportal
Überdacht nach Udine
Bella Italia
Und noch einer
Bitte jetzt kein Erdbeben ( deswegen wurde die Bahn aufgegeben)
Wegen des großen Erfolges von „Sand in der Sahara“..
Strumpfband für Audrey
Sexy S(u)ocks
Directrice Sportif
Woanders Retro hier Original

Die Fahrrad Regenformel;

https://www.toolcase.org/math/index.php?site=velo

https://www.spiegel.de/wissenschaft/mensch/rennen-oder-gehen-wie-man-im-regen-moeglichst-trocken-bleibt-a-849939.html

6 Gedanken zu „Unterschätzt“

  1. Du tapferer Zimmerspringbrunnen Du. Haste Dein Humor jedenfalls beim Schaffen Deinen abendlichen Onenightsculptures nicht verloren. Das Wetter sollte, laut Regenradar heute mit Dir sein. Forza.

    Antworten
  2. A propos Überplant:
    „Ziel war, das portable Schreibgerät in der Umstiegspause in der Anstalts-Schreibstube im Glockenbachviertel zu deponieren, um bei der Rückkehr in zwei Wochen direkt vom Fahrradsattel ins Arbeitsgeschirr steigen zu können.“ Sind da auch trockene Wechselklamotten dabei?
    > Schreibgerät -Wechselklamotten<

    Antworten

Schreibe einen Kommentar